Stellungnahme “Gesundes-Herz-Gesetz”

29.07.2024

Im Juni 2024 präsentierte das Bundesgesundheitsministerium den umstrittenen „Referentenentwurf zur Förderung der Herzgesundheit“. Dieser sieht u.a. Früherkennungstests für Kinder und Jugendliche sowie regelmäßige Check-ups für Erwachsene vor, um familiäre und lebensstilbedingte Risikofaktoren zu erfassen.

Kritik kommt von verschiedenen Seiten: Fachkreise bemängeln die mangelnde Evidenzbasis und die Vernachlässigung primärpräventiver Maßnahmen, die auf Lebensstilveränderungen abzielen. Das Netzwerk Evidenzbasierte Medizin bezeichnet die Pläne als Affront gegen evidenzbasierte Gesundheitsversorgung. Auch der Gemeinsame Bundesausschuss warnt vor einer übermäßigen Medikalisierung und sieht das Ziel der individuellen Gesundheitskompetenz gefährdet.

Der Deutsche Olympische Sportbund beispielsweise kritisiert den Fokus auf Kuration statt Prävention, was die bisherigen Erfolge im Bereich der Gesundheitsförderung untergrabe. Es sei ein zentrales Anliegen, die Gesundheitskompetenz von Kindern und Jugendlichen zu stärken, anstatt frühzeitig Medikamente einzusetzen.

Position des MBSR-MBCT Verbandes

Aus Sicht des MBSR-MBCT Verbandes ist die Förderung von Achtsamkeit ein Schlüssel zur nachhaltigen Gesundheitsförderung. Achtsamkeitsbasierte Ansätze wie MBSR stärken die Selbstwirksamkeit und fördern einen gesunden Lebensstil durch die Integration von positiven Lernprozessen und die Entwicklung eines kohärenten Lebensgefühls. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) hat die Bedeutung der Achtsamkeit erkannt und dieses Konzept in ihr Glossar aufgenommen, was die Relevanz und Anerkennung dieser Ansätze unterstreicht.

Krankheitsbewältigung durch Salutogenese

Achtsamkeitsbasierte Angebote wie MBSR spielen eine besondere Rolle, indem sie das Konzept der Salutogenese unterstützen. Salutogenese, das Gegenteil von Pathogenese, beschäftigt sich damit, was Menschen gesund hält, anstatt sich nur auf die Behandlung von Krankheitssymptomen zu beschränken. Ein zentraler Gedanke der Salutogenese ist, dass Krankheiten normale Bestandteile des Lebens sind und in ein umfassendes Gesundheitsverständnis integriert werden können. Das bedeutet, Herausforderungen zu bewältigen, daraus zu lernen und ein Gefühl der Kohärenz zu entwickeln – die Fähigkeit, im Fluss des Lebens zu schwimmen, auch in schwierigen Zeiten nicht unterzugehen. Es geht um das Vertrauen, dass das Leben trotz oder gerade wegen seiner Krisen verstehbar und bewältigbar ist, und dass es sich lohnt, Energie in die Lösung von Herausforderungen zu investieren.

Die Haltung der Achtsamkeit unterstützt dabei, auch die unangenehmen Erfahrungen anzunehmen, auszuhalten und in das eigene Leben zu integrieren. Dies erfordert Geduld, Akzeptanz und unterstützende Ressourcen. Es gilt auch leidvollen Erfahrungen Aufmerksamkeit und Raum zu schenken, um auf diese Weise eine tiefere Form von Wohlbefinden zu erleben. Diese Haltung wird in MBSR-Kursen trainiert.

Prävention zur Gesundheitsförderung

Für die Gesundheitsförderung in Organisationen sind sowohl verhaltensorientierte als auch verhältnisorientierte Maßnahmen wichtig. Eine ganzheitliche Gesundheitsförderung betrachtet Individuen in ihrem Umfeld und fördert Persönlichkeitsentwicklung und Selbstmanagement. Dies stärkt das Vertrauen in eine sichere und gesundheitsfördernde Lebenswelt und unterstützt eine offene und freundliche Haltung sich selbst und anderen gegenüber. Solche Maßnahmen können Energien freisetzen, die für eine gesellschaftliche Transformation notwendig sind.

Eine effektive Gesundheitsförderung erfordert auch Kooperationen und die Einbindung verschiedenster Akteure. In diesem Sinne ist es positiv hervorzuheben, dass der MBSR-MBCT Verband jetzt Mitglied in der Bundesvereinigung Prävention und Gesundheitsförderung (bvpg) ist. Dies stärkt unsere Zusammenarbeit und den gemeinsamen Einsatz für präventive Gesundheitsstrategien.

Fazit

Der vorgelegte “Referentenentwurf zur Förderung der Herzgesundheit” für ein neues Gesetz bedeutet aus unserer Sicht einen Rückschritt zu einem rein pathogenetischen Gesundheitsverständnis. Angesichts der Herausforderungen, denen wir als Einzelne und als Gesamtgesellschaft gegenüberstehen, sollte Gesundheit ganzheitlich verstanden werden. Der Kerngedanke einer "Health-in-all-Policies"-Strategie, wie sie in der Ottawa-Charta beschrieben ist, muss ein fester Bestandteil des Gesundheitssystems sein, besonders im Hinblick auf nachhaltige Lebensstilveränderungen.

Als Verband der Achtsamkeitslehrenden mit einem evidenzbasierten Kursformat nach § 20 SGB V sprechen wir uns entschieden gegen die Kürzung der Gelder für Präventionskurse aus.

>>> Stellungnahme des MBSR-MBCT Verbandes als PDF zum Download<<<

>>>Petition des BKK Dachverbandes zum "Gesundes-Herz-Gesetz">>>